KLETTER WELTCUP: FRAUEN / VORSTIEG / QUALIFIKATION: MEUL (GER)

Auf nach Paris 2024 – Vom PerspektivTeam ins Top-Team

Dienstag, 26.07.2022
Autor: Dirk Anton, HEIMSPIELE GmbH & Co. KG
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Das PerspektivTeam hat die Olympiade in Paris fest im Blick und eine Sportlerin wird 2024 zum ersten Mal dabei sein. Hier erfährst Du mehr.

Das PerspektivTeam des Olympiastützpunktes NRW/Rheinland bündelt und fördert die talentiertesten Nachwuchsathlet*innen aus unterschiedlichen Sportarten, um sie auf ihrem langen Weg zu Olympischen Spielen und Paralympics zu unterstützen.

Das vorrangige Ziel dieser Spezial-Betreuung besteht darin, die jungen Sportler*innen beim Übergang vom Junioren- in den Erwachsenenbereich bestmöglich zu unterstützen, da sich genau in dieser Phase weiterhin viele Talente aufgrund fehlender ganzheitlicher Perspektiven in der dualen Entwicklung von sportlicher und schulischer oder beruflicher Karriere aus dem Leistungssport verabschieden. Die Belastung ist enorm: bis zu 30h pro Woche investieren diese Athlet*innen neben Schule, Ausbildung oder Studium in ihren Sport.

Der Blick für PerspektivTeam-Athletin Hannah Meul geht Richtung Paris

Verläuft die sportliche Entwicklung positiv und ein Athlet oder eine Athletin etabliert sich in der erweiterten Weltspitze, so honoriert der Olympiastützpunkt diese Leistung mit der Nominierung in das Top-Team, in das die aussichtsreichsten Kandidat*innen für die Teilnahme an den nächsten Olympischen Spiele & Paralympics berufen werden.

Am 26. Juli war es nun wieder so weit. Exakt zwei Jahre vor der Eröffnungsfeier der Olympischen Spiele in der französischen Metropole Paris, veröffentlichte der Olympiastützpunkt NRW/Rheinland sein TOP-TEAM PARIS. Und mit der Sportkletterin Hannah Meul hat auch wieder eine Athletin aus dem Canada Life PerspektivTeam frühzeitig den Sprung in dieses TOP-TEAM geschafft.

Die 21-Jährige aus Frechen bei Köln sorgte nicht zuletzt mit ihren beiden Silbermedaillen bei den Boulder-Weltcups in Brixen und Innsbruck im Juni für Furore. Die Art und Weise, wie sie sich dabei zusammen mit der US-amerikanischen Ausnahmekletterin Natalia Grossman gegen den Rest des Feldes durchsetzte, macht große Hoffnung für die Olympischen Spiele in Paris.

Hannah schnupperte bereits im Jahr 2018 olympische Luft, als sie Deutschland bei den Olympischen Jugendspielen in Buenos Aires vertrat und dort mit Platz 4 denkbar knapp an einem Medaillengewinn vorbeischrammte. Ein Erlebnis, das Lust auf mehr machte. Nach diesem Erfolg wurde Hannah dann in den Kreis der PerspektivTeam-Athlet*innen aufgenommen und profitierte nicht zuletzt während der Corona-Pandemie von den Team-Leistungen. So finanzierte das PerspektivTeam alle Materialien, die Hannahs Vater zum Bau einer Kletterwand an der eigenen Hauswand benötigte.

Im Jahr 2020 wurde Hannah Deutsche Meisterin in Bouldern. 2021 folgten ein 4. Platz bei der EM im Bouldern sowie ein 5. Platz bei der WM in der Kombination, der dann aber leider nicht für die Olympia-Qualifikation für Tokio ausreichte. Nun geht ihr hoffnungsvoller Blick in Richtung Paris, wo dann die Disziplin Speed aus dem Kombinationswettkampf herausgelöst wird, der sich dann nur aus Hannahs Paradedisziplinen Bouldern und Lead zusammensetzt.

Bundestrainerin Friederike Kops, die Hannah seit vielen Jahren betreut, ist auf jeden Fall optimistisch in Bezug auf die Olympia-Perspektive ihres Schützling: „Ich habe das Glück, Hannah bereits seit vielen Jahren zu begleiten und darf damit einen wundervollen Wachstum auf allen Ebenen erleben. Unsere Trainerin-Athletin-Beziehung  – geprägt von Freude und Liebe zu dem was wir tun – ist etwas sehr Besonderes für mich und sicherlich auch Teil des Erfolgsrezepts. Sowohl physisch als auch mental ist Hannah jetzt an der Weltspitze angekommen und aktuell bestehen für mich keine Zweifel, dass Sie ihren Traum weiter lebt und den Weg nach Olympia finden wird.“

Olympia-PerspektivTeam: Porträt von Hannah Meul
Hannah Meul, ©Foto: Peter Eilers

Das ist Hannah Meul

Name:                Hannah Meul
Sportart:            Sportklettern
Alter:                  21 Jahre
Wohnort:            Köln
Ausbildung:        Studium Soziale Arbeit (TH Köln)
Erfolge:              4. Platz Olympische Jugendspiele
Social Media:     Instagram-Profil

Interview Hannah Meul:

Frage: Am 11. August beginnen die Europameisterschaften, die in diesem Jahr vor heimischem Publikum in München stattfinden. Wie groß ist die Vorfreude bei Dir auf diese besondere Meisterschaft?

HM: Die EM ist auf jeden Fall das Highlight der Saison 2022 für mich! Da ist die Vorfreude und Motivation natürlich gigantisch. Möglichst viele Runden vor heimischen Publikum klettern zu können und meine Freude und Liebe zu diesem Sport mit allen teilen zu können, wäre ein Traum.

Frage: Wie ist Deine mentale Vorbereitung vor großen Wettkämpfen? Nutzt Du bestimmte Werkzeuge wir die Visualisierung von Bewegungsabläufen? Was ist Dein Erfolgsrezept für ein positives Mindset?

HM: Ich habe den Winter über sehr hart trainiert, bin so stark wie noch nie und auch mein mindset Wettkämpfen gegenüber hat sich in der letzten Zeit stark gewandelt. Ich klettere, weil ich es liebe und nicht, um ein bestimmtes Ergebnis zu erreichen. Ich habe das ‘Muss’ aus meinen Erwartungen gestrichen, das hat mir einiges erleichtert. Ich denke jetzt nicht mehr „Du hast so viel trainiert, jetzt MUSS es gut laufen“ sondern „Du hast so viel trainiert, es WIRD gut laufen“. Das hilft mir, mich von allen äußeren Stressoren im Wettkampf freizumachen. Wenn ich dann an die Wand gehe, bin ich 100% da in dem Moment, voll und ganz bei mir und bei der Sache, die mir am meisten Freude bereitet.

Frage: Wie schaffst Du es eigentlich, Dein Studium und den Leistungssport unter einen Hut zu bekommen? Unterstützt Dich Deine Hochschule bei Deiner Dualen Karriere z.B. durch etwas mehr Flexibilität bei Kursen und Prüfungen?

HM: Studium und Leistungssport ist natürlich so eine Sachen. Ich studiere nebenbei (Teilzeit) Soziale Arbeit an der TH in Köln. Hier habe ich Glück, dass die Hochschule sehr auf uns Leistungssportler eingeht und Nachteilsausgleiche anbietet.

Dennoch ist das Klettern gerade meine Priorität und in den Sommermonaten, wenn gerade Prüfungsphase ist und gleichzeitig die Hauptwettkampfsaison läuft, eher schwierig zu kombinieren. Deswegen habe ich mich dazu entschieden, auf Teilzeit zu studieren, was bis jetzt ganz gut zusammen vereinbar ist!

Frage: In genau zwei Jahren finden die Olympischen Spiele in Paris statt. Wie schätzt Du Deine Chancen ein, Dir dort Deinen Traum einer Olympia-Teilnahme zu erfüllen? Das neue Wettkampfformat mit Bouldern & Lead kommt Dir doch sicher entgegen, oder?

HM: Die Teilnahme an den Olympischen Spielen in Paris 2024 ist mein ganz großer Traum und definitiv auch mein Ziel. Ich bin gerade so fit wie noch nie, konnte in meine ersten Weltcup-Finals klettern und hier sogar Medaillen holen. Ich bin so unglaublich glücklich darüber, diese Ziele bis jetzt erreicht zu haben. Das habe ich tatsächlich aber noch gar nicht so richtig realisiert, und es fühlt sich schon etwas verrückt an sagen zu können, dass ich mich wirklich in der Weltspitze etabliert habe. Dennoch hat das mir gezeigt, dass der Traum von Olympia wirklich realistisch ist.

Meine Motivation ist riesig, sie wird auch einfach immer und immer größer, also hoffe ich natürlich sehr, mir diesen Traum erfüllen zu können!

Schon gewusst: Sportklettern und Olympia

  1. Welche Wettkampfdisziplinen gibt es im Sportklettern?

Speed: Auf einer weltweit genormten Route mit 25 Griffen und Tritten an einer 15m hohen Wand, die fünf Grad überhängend ist, klettern immer zwei Sportler*innen im KO-System gegeneinander an, bis im Finale die Sieger*innen ermittelt sind. Die Schnellsten erreichen den Buzzer in unter sechs Sekunden!

Bouldern: Das ist Schwierigkeitsklettern ohne Seilsicherung in Absprunghöhe. Ein Boulder, im Prinzip ein Hindernisparcours, besteht aus wenigen aber oftmals technisch oder physisch anspruchsvollen Zügen, für den die Athlet*innen ein vorgegebenes Zeitkontingent zur Verfügung haben. Ziel ist es, den Topgriff, also den obersten Griff, mindestens drei Sekunden lang stabil zu halten. Der Zonengriff ist ein durch eine Plakette markierter Griff in etwa der Mitte des Boulderproblems – er dient als Art Zwischenwertung.

Lead: Das Klettern mit Seil wird auch als Vorstiegs- oder Schwierigkeitsklettern bezeichnet. Es ist die traditionellste Disziplin des Kletterns. Hier geht es darum, eine definierte Route an bis zu 20m hohen Wänden in einer vorgegeben Zeit möglichst sturzfrei zu durchklettern – beziehungsweise höher als die anderen Starterinnen und Starter zu kommen. Die Routen sind typischerweise zwischen 40 und 50 Griffen lang.

  1. Welche Disziplinen werden bei Olympischen Spielen ausgetragen?

Nachdem es bei der Olympia-Premiere für das Sportklettern in Tokio noch eine Kombination der Einzeldisziplinen Speed, Bouldern und Lead gab, werden nun in Paris Medaillen in zwei Disziplinen vergeben. Geklettert wird in einem Kombinationswettbewerb aus Bouldern & Lead und in der Einzeldisziplin Speed.

Alle Infos zum Canada Life PerspektivTeam gibt es hier: www.perspektiv-team.de