Mythen Gelenke Joggen: Junger Mann in kurzen Hosen hält sich sein Knie

Mythen der Gesundheit, des Sports und der Ernährung –

Teil 3: Joggen schadet den Gelenken?

Mittwoch, 27.09.2023
Autor: Dr. Bernd Gimbel, KörperManagement® KG
© Foto: Jo Panuwat D, Adobe Stock

Wahrheit oder Mythos? Bei manchen Themen rund um Gesundheit, Sport & Ernährung fragst Du Dich das sicherlich ab und an. Unser Experte Dr. Gimbel hat die Antworten! Im 3. Teil seiner Reihe erklärt er Dir, ob joggen Deinen Gelenken schadet?!

Joggen ist allgemein als eine gesunde Ausdauerdisziplin anerkannt, bei der u.a. das Herz-Kreislauf- und Atmungssystem sowie der Stoffwechsel trainiert werden. Häufig folgt in diesem Zusammenhang der Kommentar: Ja, aber … es belastet die Gelenke, insbesondere die Hüft-, Knie- und Sprunggelenke, vor allem, wenn auf Asphalt gejoggt wird. Einige mag das vom Laufen abhalten, denn wer will sich schädigen, wenn bei anderen Sportarten wie Radfahren oder Walken, Gelenke schonender belastet werden können. Stimmt diese Aussage? Oder ist sie auch wieder der Kategorie Mythos zuzuordnen? Dieser Frage möchte ich heute nachgehen.

Gelenke sind geniale Puffer

Im Mittelpunkt unserer Bewegungen stehen die Gelenke. Sie verbinden Knochen miteinander. Damit diese reibungslos gegeneinander gleiten können, sind die Knochen an ihren Enden mit einer knorpeligen Schicht überzogen. Außerdem existiert zwischen den Knochen ein Gelenkspalt, der zusätzlich mit knorpeligen Gelenkscheiben (Menisken, Disken) ausgestattet sein kann.

Junger Mann dehnt seine Schulter.
© Point Images - Fotolia.com

Insbesondere die Gelenkknorpel sind für die Pufferung zuständig, in dem sie die auf das Gelenk einwirkenden Kräfte gleichmäßig verteilen. Stabilität verleiht dem Gelenk eine bindegewebige Hülle, die Gelenkkapsel, die die Gelenkhöhle luftdicht abschließt. Die innere Schicht, medizinisch Synovialhaut genannt, produziert Gelenkschmiere. Sie wird von Schleimbeuteln unterstützt. Die das Gelenk umfassenden Muskeln geben zusätzliche Stabilität und sorgen für einen reibungslosen Ablauf unserer Bewegungen.

Was passiert bei Joggen mit unseren Gelenken?

Kein Mensch käme im Fitnessstudio auf die Idee eine Kräftigungsübung mehrere tausendmal zu wiederholen. Das andauernde Beugen und Strecken der Hüft- und Kniegelenke führt jedoch -je nach Lauf- und Schrittlänge- beim Joggen zu mehreren tausend Wiederholungen. Hinzu kommt, dass beim Aufsetzen des Fußes -im Unterschied zum Gehen- das Zwei- bis Dreifache des Körpergewichts von der Beinmuskulatur und den Gelenken der unteren Extremitäten abgefangen werden muss.

Laufen: Gut ausgestattet für den Herbst
© Foto: Tom Schlegel, Adobe Stock

Für eine 70 kg schwere Person bedeutet dies eine Belastung von 140 bis 210 kg bei jedem Laufschritt. Bei einem 10 km Dauerlauf mit rund 8.000 Schritten kommen dadurch zwischen 1.120 bis 1.680 Tonnen zusammen, die Muskeln und Gelenke abfedern müssen. Viele denken deshalb, dass Laufen die Gefahr des Abbaus der Gelenkknorpel und damit Arthrose begünstigt.

Die Wissenschaft widerlegt den Mythos

Diese Gefahr ist gering. Zahlreiche Studien kommen bei freizeitsportorientierten Joggerinnen und Joggern zum Ergebnis, dass sogar seltener arthrotische Veränderungen in den Kniegelenken auftreten als bei inaktiven Personen oder leistungsorientierten Läufern, die über einen längeren Zeitraum sehr umfangreich und intensiv trainiert haben. Übereinstimmend dazu berichtet eine amerikanische Studie, dass aktive Marathonläufer ein geringeres Arthrose Risiko besitzen als inaktive Personen.

Wenn Sie sich demnach an den WHO-Empfehlungen orientieren und 150 bis 180 min pro Woche joggen, dann ist die Wahrscheinlichkeit des Auftretens von arthrotischen Veränderungen in ihren Kniegelenken gering.

Laufen ist gesünder Teil 2: Mann joggt an einem Regentag an einem See
© Foto: Drazen, Adobe Stock

Im Gegenteil: Laufen schützt Sie davor, dass sich Ihre Gelenke abnutzen. Durch die Bewegungen wird die Gelenkflüssigkeit dünner und kann die Gelenkknorpel besser mit Nährstoffen versorgen. Deshalb ist er bei aktiven Menschen an den gewichtstragenden Gelenkenden dicker ausgebildet als bei Inaktiven. Die Aussage, „Joggen schadet den Gelenken“, ist damit als Mythos enttarnt.

7 Tipps für gesundes Joggen

  1. Bei Übergewicht ist Joggen wegen der hohen Druckbelastung beim Abfangen des Körpergewichts mit Vorsicht zu genießen. Je höher Ihr Gewicht, desto größer die Belastung. Deshalb lassen Sie sich am besten von einem Trainer, Arzt oder Physiotherapeuten beraten, bevor Sie losjoggen.
  2. Falls Sie Beinfehlstellungen (X- oder O-Beine) oder Fußdeformitäten haben, die sich negativ auf Ihre Beinachsen auswirken, sollten Sie dringend mit einem Orthopäden Rücksprache halten, um Fehlbelastungen auf die Gelenke zu minimieren.
  3. Fangen Sie beim Laufen langsam mit 20 bis 30-minütigen Belastungen an. Steigern Sie allmählich die Dauer Ihrer Läufe, um Ihrem Bewegungsapparat ausreichend Zeit für Anpassungen zu geben.
  4. Joggen Sie nicht ausschließlich. Trainieren Sie auch die Gesäß-, Bein- und Rumpfmuskulatur. Machen Sie im Verhältnis pro Laufstunde ca. 15 min Funktionsgymnastik. Bei guter Ausprägung schützt die Muskulatur Ihre Gelenke wie ein Korsett.
  5. Eine gute Lauftechnik schont die Gelenke und spart Energie. Engagieren Sie deshalb für ein paar Stunden einen Lauftrainer. Eine Alternative ist, einen zertifizierten Laufpräventionskurs zu wählen.
  6. Investieren Sie in Laufschuhe mit guten Dämpfungseigenschaften, die individuell Ihrem Laufstil und dem bevorzugten Laufuntergrund (Waldboden oder Asphalt) angepasst sein sollen. Es empfiehlt sich in diesem Zusammenhang eine Video-Laufbandanalyse bei einem Experten durchführen zu lassen.
  7. Benutzen Sie Ihren Laufschuh maximal 800 km. Vielleicht sieht er danach zwar noch gut aus, aber die Dämpfung lässt nach.

Auch wenn der Mythos, dass Joggen den Gelenken schadet, nicht stimmt, so ist es dennoch ratsam, die Tipps zu beachten, damit Ihre Gelenke Sie gesund und leistungsfähig bis ins hohe Alter begleiten.

Ihr

Dr. Bernd Gimbel

KörperManagement®

Bernd Gimbel © privat
Dr. Bernd Gimbel ist Gesellschafter der KörperManagement® KG. Er war als wissenschaftlicher Mitarbeiter des Bundesausschusses für Leistungssport beim Deutschen Olympischen Sportbund tätig. Derzeit lehrt er als Dozent an der Deutschen Fitnesslehrer Akademie und der Berufsakademie für Sport und Gesundheit in Baunatal. Zudem ist Dr. Gimbel Autor mehrerer Bücher über Körpermanagement.
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