Mythen der Gesundheit, des Sports und der Ernährung –

Teil 2: Je intensiver das Training, desto größer der Erfolg?

Dienstag, 29.08.2023
Autor: Dr. Bernd Gimbel, KörperManagement® KG
© Foto: deagreez, Adobe Stock

Wahrheit oder Mythos? Bei manchen Themen rund um Gesundheit, Sport & Ernährung fragst Du Dich das sicherlich ab und an. Unser Experte Dr. Gimbel hat die Antworten! Im 2. Teil seiner neuen Reihe klärt er, ob ein intensiveres Training auch größeren Erfolg bedeutet.

In meinem ersten Beitrag über die Mythen der Gesundheit, des Sports und der Ernährung konnten Sie erfahren, dass es keine 10.000 Schritte sein müssen, um seiner Gesundheit Gutes zu tun. Jeder Schritt zählt! Alltägliches Gehen ist meist von niedriger Intensität geprägt. Häufig lesen wir aber, je mehr, desto besser oder je intensiver das Training, desto größer ist der Erfolg. Ist dies auch ein Mythos oder ist an dieser Aussage etwas Wahres dran?

Was bedeutet „mehr“ und was ist „besser“?

Grundsätzlich müssen wir beim Training zwischen verschiedenen Belastungen unterscheiden. Wir können länger trainieren (mehr an Umfang), wir können härter trainieren (mit höherer Intensität) oder häufiger in der Woche trainieren (mehr Dichte). Was besser ist, lässt sich nicht pauschal beantworten, sondern ausschließlich hinsichtlich des Ziels, das wir durch Training erreichen wollen.

Laufen: Gut ausgestattet für den Herbst
© Foto: Tom Schlegel, Adobe Stock

Des Weiteren ist zu berücksichtigen, dass zum Training auch die Regeneration gehört. Alle, die Gesundheits- und Freizeitsport betreiben, sollten grundsätzlich bei der Gestaltung des Trainings auch die beruflichen und privaten Anforderungen mitberücksichtigen. Außerdem ist wichtig, dass Training in regelmäßigen Abständen stattfindet (z.B. 2 bis 4mal pro Woche) und von Variabilität geprägt sein muss, wenn es erfolgreich sein soll.

Ziele bestimmen die Methoden

An einigen Beispielen möchte ich deutlich machen, wie sich Umfang, Intensität und Dichte des Trainings gegenseitig beeinflussen. Wenn Sie als Gesundheitssportler durchstarten wollen und sich als Ziel einen Marathon vornehmen, dann sind hohe Intensitäten zu Beginn des Trainings kontraproduktiv. Sie benötigen für die ca. 42,2 km einen guten Fettstoffwechsel, der Ihre Muskeln -je nach Leistungsfähigkeit- über ca. 3 (4) bis 5 Stunden- unermüdlich am Laufen hält.

Dies erfordert ausreichend Sauerstoff für die Muskeln und Sie dürfen nicht „außer Atem“ kommen. Dafür ist die Dauerleistungsmethode zur Verbesserung der Grundlagenausdauer die richtige Wahl. Sie ist gekennzeichnet durch niedrige Intensitäten und langer Dauer. Erst zu späterem Zeitpunkt werden Intervallmethoden, wie beispielsweise das hochintensive Intervalltraining (HIIT), in der Vorbereitung auf einen Marathon eingesetzt.

Mann mit Bart checkt Smart-Watch nach Workout
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Auch wenn Sie diesen Ehrgeiz nicht besitzen, Ihnen aber „nur Schritte zählen“ zu wenig herausfordernd erscheinen, können Sie ihre Leistungsfähigkeit verbessern, Sie entscheiden, wieviel Zeit Sie für Ihr gesundheitsorientiertes Training zur Verfügung stellen können oder möchten. 2 bis 4 Einheiten im Rahmen von 30-60 min pro Woche reichen dafür aus.

Auch hier gilt: Beginnen Sie mit einer Steigerung des Umfangs, bevor Sie die Intensität des Trainings erhöhen. Dadurch gewöhnen Sie Ihren Körper daran, Fettsäuren zu verstoffwechseln und seine weitaus geringeren Kohlenhydratdepots (ca. 500 g in Leber und Muskulatur) zu schonen. Später können Sie dann mit der Intensität „spielen“, um in anderen Bereichen des Organismus (z.B. am Herz-Kreislaufsystem) weitere Anpassungsprozesse und damit eine bessere Leistungsfähigkeit zu bewirken.

Wollen Sie dagegen Muskulatur aufbauen, dann genügt es auf Dauer nicht, mit niedriger Intensität kleine Gewichte zu bewegen oder nur Ihr Körpergewicht einzusetzen. In diesem Fall müssen Sie ein Hypertrophie- (Muskelwachstums-)Training durchführen, bei dem Sie die Gewichtsbelastung so wählen, dass Sie 8 bis 12 Wiederholungen ausführen können und danach keine Muskelkontraktion mehr möglich ist.

Krafttraining: Ein Mann trainiert Crunches im Wohnzimmer. Neben ihm liegt eine Hantel mit Gewichten zum Workout.
© Foto: terovesalainen, Adobe Stock

Dies bedeutet, Sie trainieren mit submaximaler Belastung über eine kurze Zeitdauer von 15 – 45 sec. Um ein derartiges Training möglichst mit guter Bewegungsausführung und geringer Verletzungsgefahr durchzuführen, beginnen Sie mit niedrigeren Belastungen und längerer Dauer. Dieses Kraftausdauertraining dient zur Vorbereitung Ihres späteren Hypertrophie-Trainings.

Hohe Intensitäten fordern längere Regeneration

Entspannung: Mann sitzt in Yoga-Pose auf der Veranda.
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Zum Erhalt der Gesundheit und zur Prävention von Krankheiten sind die Intensitäten beim Ausdauer- und Krafttraining weniger von Bedeutung. Ist Ihr Ziel, eine Leistungssteigerung zu erreichen, dann ist der systematische Wechsel zwischen der Dauer, der Intensität und der Dichte, also ein Methodenwechsel wichtig. Der „gefährlichste“ Parameter ist die Intensität.

Bei zu intensivem Training besteht die Gefahr, dass Sie genau das Gegenteil von dem bewirken, was Sie als Ziel anstreben. Der Sportler nennt dies „Übertraining“. Statt mehr Gesundheit und Wohlbefinden, erreichen Sie Müdigkeit und Leistungsabfall. Die Herzfrequenz in Ruhe steigt und die Konzentrationsfähigkeit leidet.

Je intensiver das Training, desto wichtiger wird die Regeneration. Nur bei ausreichend langen Regenerationsphasen kann Ihr Körper Zellschäden reparieren und Stoffwechselprodukte abbauen, wodurch die Muskeln, Gelenke und Sehnen vor Verletzungen geschützt werden. Zudem sorgt eine regenerative Pause auf der psychischen Ebene für neue Motivation.

Trainieren Sie also nicht zu intensiv. Weniger, ist manches Mal mehr an gesundheitlichem Benefit!

Ihr

Dr. Bernd Gimbel

KörperManagement®

Bernd Gimbel © privat
Dr. Bernd Gimbel ist Gesellschafter der KörperManagement® KG. Er war als wissenschaftlicher Mitarbeiter des Bundesausschusses für Leistungssport beim Deutschen Olympischen Sportbund tätig. Derzeit lehrt er als Dozent an der Deutschen Fitnesslehrer Akademie und der Berufsakademie für Sport und Gesundheit in Baunatal. Zudem ist Dr. Gimbel Autor mehrerer Bücher über Körpermanagement.
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