Bluthochdruck: Ein Rohrsystem führt zu einem metallisch geformten Herz auf dem die Pulsfrequenz angezeigt wird

Unter Druck – Leben mit Bluthochdruck

Mittwoch, 15.09.2021

Wie funktioniert der Blutdruck? Warum ist es wichtig diesen Wert regelmäßig zu messen? Und was sind Folgen von Bluthochdruck? Erfahre mehr von unserem Experten Dr. Gimbel.

©Foto: robotcity, Adobe Stock

Jeder Dritte in Deutschland lebt mit Bluthochdruck, viele davon, ohne es zu wissen. Tendenz steigend. Die Ursache ist häufig die sitzende Tätigkeit sowohl im Job als auch in der Freizeit und der damit verbundene Bewegungsmangel. Aber auch psychische Faktoren wie Stress im Berufsalltag und Sorgen im Privatleben treiben den Blutdruck in die Höhe. Dies ist eine gefährliche Kombination, denn unbehandelt kann sie einen Herzinfarkt oder Schlaganfall auslösen.

Blutdruck: Die Druckverhältnisse in unseren Adern

In unserem Blutgefäßsystem herrscht ein kontinuierlicher Blutstrom. Er gewährleistet, dass alle Zellen des Körpers jederzeit mit ausreichend Sauerstoff und Nährstoffen zum Leben versorgt werden. Verantwortlich dafür ist das Herz, ein Hohlmuskel, der sich regelmäßig durch elektrische Impulse der Nervenfasern gesteuert, zusammenzieht und wieder entspannt. Tag und Nacht, 24/7.

Bei Kontraktion des Herzmuskels wird das Blut aus der linken Herzkammer in die Hauptversorgungsleitung des Körpers, der Aorta, gepumpt. Diese Phase bezeichnet die Medizin als Systole. Danach entspannen sich die Muskelfasern wieder und das Blut strömt aus den Körpervenen zurück in den rechten Teil des Herzmuskels. Diese Phase nennen wir Diastole. Der ständige Wechsel der beiden Herzphasen vollzieht sich bei körperlicher Ruhe ca. 60 bis 80mal (Ruhepuls).

Während der beiden Herzphasen herrschen unterschiedliche Druckverhältnisse in unserem Gefäßsystem. Beim Zusammenziehen des Herzmuskels entsteht beispielsweise ein Blutdruck von 120 mmHg (Maßeinheit mmHg = Millimeter Quecksilbersäule). In der Entspannung sinkt der Druck auf z.B. 80 mmHg. Unser Blutdruck ist demzufolge 120/ 80 mmHg. Der höhere Wert ist der systolische, der niedrigere der diastolische Wert.

Die verschiedenen Drucke kommen durch die Elastizität der Adern zustande. Die herznahen Arterien können während der systolischen Phase einen Teil des Blutes durch Weitung ihres Lumens aufnehmen, danach während der Diastole durch Zusammenziehen wieder abgeben und dadurch einen einigermaßen gleichmäßigen Volumenstrom herstellen („Windkesselfunktion“). Je unelastischer die Blutgefäßwände sind, desto größer ist die Blutdruckamplitude, also die Differenz zwischen dem systolischen und diastolischen Wert.

Bei kontinuierlich ansteigender dynamischer körperlicher Belastung steigt wegen des höheren Schlagvolumens des Herzens der systolische Wert in den Arterien kontinuierlich an, während der diastolische Wert ebenfalls leicht ansteigen, aber auch leicht abfallen oder sich auf gleichem Niveau halten kann.

Blutdruck: Regelmäßiges Messen dient der Sicherheit

Um einen gefährlichen Bluthochdruck frühzeitig aufzuspüren, ist es ratsam, ihn regelmäßig zu kontrollieren. Dazu gibt es eine Vielzahl von elektronischen Handgelenkgeräten für den privaten Bedarf, die zwar nicht der Genauigkeit der vom Arzt eingesetzten Blutdruckmanschette am Oberarm und des Stethoskops entsprechen, aber ausreichen, um Tendenzen eines sich verändernden Blutdrucks zu erkennen. Mittlerweile gibt es sogar Smartwatches, die in der Lage sind, den Blutdruck am Handgelenk oder durch Auflegen eines Fingers zu messen und die Werte über längere Zeiten zu speichern. Auch liegen Untersuchungen vor, den Blutdruck per Smartphone zu messen. Über ein Video des Gesichts mit der Handykamera erkennt eine bildgebende Software die Veränderungen des Blutflusses. Außerdem liegen zahlreiche Apps vor, mit denen gemessene Werte dokumentiert und die Daten grafisch aufbereitet werden können.

Der Vorteil von Selbstmessungen ist, die Messgenauigkeit vorausgesetzt, dass sie meist exakter sind als Fremdmessungen durch medizinisches Personal, weil der sogenannte „Weißkitteleffekt“ entfällt. In der Arztpraxis weisen oft höhere Werte auf die psychische Anspannung des Probanden hin, die seinen Blutdruck ansteigen lässt.

Liegen die Werte systolisch niedriger als 139 mmHg und diastolisch niedriger als 89 mmHg, so ist bei keinen weiteren Risikofaktoren für Herz-Kreislauferkrankungen, wie z.B. erhöhte Cholesterin-, Blutzucker-, Körperfettwerte (vor allem im Bauchbereich), kein Handlungsbedarf. Liegen die Werte allerdings regelmäßig oberhalb von > 140 mmHg und/oder > 90 mmHg, dann sollten Sie einen Arzt aufsuchen, um feststellen zu lassen, ob eine medizinische Indikation vorliegt und Maßnahmen erforderlich sind. Oberhalb dieser Grenze beginnt laut WHO der Bluthochdruck.

Regelmäßige Messungen mit Werten im Grenzbereich des noch normalen und einer beginnenden Hypertonie, lassen sich meist noch durch Lebensstiländerungen positiv beeinflussen, bevor bei andauernd höheren Werten Medikamente eingesetzt werden müssen.

Zur medikamentösen blutdrucksenkenden Therapie stehen verschiedene Substanzgruppen zur Verfügung. Die bekanntesten davon sind vermutlich die Betablocker. Sie hemmen die Überträgerstoffe des Leistungsnerven Sympathikus, indem sie deren Rezeptoren blockieren. Kalziumantagonisten wirken über eine Blutgefäßerweiterung. Diuretika / Saluretika, auch als Dopingmittel bekannt, beeinflussen den Wasser- und Salzhaushalt. Die anderen beiden Medikamente (ACE-Hemmer und Angiotensin-II-Rezeptor-Antagonisten) blockieren das den Blutdruck steigernde Hormonsystem der Nieren.

Bluthochdruck: Eine ernstzunehmende Erkrankung

Bluthochdruck entwickelt sich häufig als schleichender Prozess, der anfänglich unerkannt bleibt und mit steigendem Alter zunimmt. Genetische Faktoren, ein ungesunder Lebensstil, Übergewicht, Rauchen und Stress begünstigen ihn. Hypertonie kann unbehandelt zur Schädigung verschiedener Organe führen und lebensbedrohliche Folgen haben. Am häufigsten ist das Herz-Kreislaufsystem, das Gehirn, die Nieren und die Augen davon betroffen.

Je höher der Blutdruck, desto mehr steigt die Wahrscheinlichkeit von Gefäßverkalkungen (Arteriosklerose).

In der Folge sinkt die Elastizität der Gefäße, so dass der Nährstoff- und Sauerstoffaustausch zwischen dem Blutgefäßsystem und den Zellen erschwert wird. Dadurch muss das Herz mehr Kraft aufwenden. Die Muskulatur der linken Herzkammer kann verdicken, so dass sie nicht mehr mit ausreichend Blut versorgt werden kann. Die Gefahr steigt, dass sich Partikel aus den arteriosklerotischen Plaques lösen und zu Verstopfungen in den Herzkranzgefäßen (Herzinfarkt) oder Gehirnarterien (Schlaganfall) führen.

In den Nieren sind die Vorgänge vergleichbar denen am Herz-Kreislaussystem. Bei andauernd hohem Blutdruck verhärten und verengen sich die Gefäße, die gemeinsam mit den Nierenkörperchen (Nephrone) täglich ca. 300mal das Blut filtern, von Schadstoffen befreien und den Urin bilden. Die Nierendurchblutung wird beeinträchtigt und das Nierengewebe kann zugrunde gehen (Niereninsuffizienz).

Bluthochdruck kann außerdem durch Gefäßverengung eine schlechtere Durchblutung der kleineren Gefäße in den Augen bewirken. Dadurch kann es zu Gefäßverschlüssen, Netzhautablösungen oder einer Degeneration der Sehnerven kommen. Die Betroffenen leiden dann häufig an einer Beeinträchtigung ihrer Sehfähigkeit, mit Gesichtsfeldausfällen oder Störungen des Farbsinns.

In meinem nächsten Beitrag erfahren Sie, welche Sportarten bei Bluthochdruck geeignet sind und was generell zu beachten ist.

Bernd Gimbel © privat
Dr. Bernd Gimbel ist Gründer und Gesellschafter der KörperManagement® KG. Er war als wissenschaftlicher Mitarbeiter des Bundesausschusses für Leistungssport beim Deutschen Olympischen Sportbund tätig. Derzeit lehrt er als Dozent an der Deutschen Berufsakademie Sport und Gesundheit (dba) in Baunatal. Zudem ist Dr. Gimbel Autor mehrerer Bücher über Körpermanagement.
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