Niedriger Blutdruck: Schwindel - schnell drehende Jahrmarktattraktion

Blutdruck: Auch geringer Druck kann stören

Mittwoch, 20.10.2021

Wie äußert sich zu niedriger Blutdruck und wie kann ich gegensteuern? Erfahre mehr von unserem Experten Dr. Gimbel.

©Foto: Dani Gallego, Adobe Stock

Während Bluthochdruck (Hypertonie) eine ernst zu nehmende Krankheit darstellt, kann ein niedriger Blutdruck (Hypotonie) möglichweise mit unangenehmen Folgen verbunden sein, hat aber meist keine gesundheitliche Bedeutung. Im Gegenteil haben betroffene Menschen eher eine hohe Lebenserwartung.

Von einer Hypotonie wird gesprochen, wenn der systolische Wert < 110 mmHg (bei Frauen < 100 mmHg) und diastolisch unter 60 mmHg (gilt für alle Geschlechter) liegt.

Laut der Deutschen Herzstiftung leiden nur ca. 2 bis 4 % unter niedrigem Blutdruck. Insbesondere sind junge Mädchen und schlanke Frauen davon betroffen. Auch bei älteren schlanken Menschen, sowie bei Diabetikern und Personen mit Krampfadern (Varizen) kann er auftreten.

Ursachen für zu niedrigen Blutdruck

Ein niedriger Blutdruck ist oft familiär bedingt. Im Vergleich zur Hypertonie belastet er aber nicht das Gefäßsystem. Er kann zwar Müdigkeit, Energielosigkeit, kalte Hände oder Füße verursachen. Gerät der Blutdruck allerdings so tief „in den Keller“, dass es zu einer Minderdurchblutung des Gehirns kommt, können Schwindel, Kopfschmerzen und sogar Ohnmachtsanfälle auftreten. In diesem Fall ist es für die Betroffenen, keineswegs „lustig“, denn die Beschwerden können die Lebensqualität erheblich mindern. Bleibt die Ursache unklar, dann spricht der Arzt von einer primären oder essenziellen Hypotonie. Stressoren oder körperliche Inaktivität begünstigen ihre Entstehung. Die sekundäre Hypotonie wird medizinisch mit Herz-Kreislauferkrankungen, Schilddrüsenunterfunktion, Medikamenteneinnahme (harntreibende, gefäßerweiternde oder auch Nahrungsergänzungsmittel), Infektionen oder längerer Bettlägerigkeit in Verbindung gebracht.

Manchmal kann es anfallsweise zu niedrigen Blutdruckwerten kommen, wenn Betroffene schnell aus einer Liege- oder Sitzposition aufstehen. Normalerweise verfügen wir über Regulationsmechanismen, die unseren Körper unabhängig seiner Körperposition ständig mit Sauerstoff versorgen (Orthostase Regulation). Der Blutdruck und auch die Herzfrequenz steigen dann leicht an. Funktioniert dieser Mechanismus nicht, d.h. steigt zwar der Puls, aber nicht der Blutdruck, dann sprechen wir von orthostatischer Hypotonie. Ein erheblicher Teil des Blutvolumens kann in den Beinen „versacken“ und es wird uns kurzzeitig „schwarz vor den Augen“ oder schwindelig. Kann das Gehirn in dieser Situation nicht mehr ausreichend mit Sauerstoff versorgt werden, besteht die Gefahr, in eine kurzzeitige Bewusstlosigkeit (Synkope) zu fallen. Zum Schutz des Gehirns stürzen wir, so dass es im Liegen wieder lebensnotwendigen Sauerstoff erhält und die Beschwerden vergehen.

Häufig unbeachtet ist eine Sonderform der orthostatischen Dysregulation, die postprandiale Hypotonie, d.h. ein sinkender systolischer Blutdruck von bis zu 20 mmHg innerhalb von 2 Stunden nach Mahlzeiten. In diesem Fall wird die Durchblutung im Magen-Darm-Trakt so stark erhöht, dass dem Kreislauf weniger Blutvolumen zur Verfügung steht und der Blutdruck absackt.

Niedriger Blutdruck: Frühes Gegensteuern kann helfen

Treten bei niedrigem Blutdruck keine Beschwerden auf, dann besteht kein Handlungsbedarf. Die Gefahren, die allerdings von Schwindel, Ohnmacht oder Stürzen ausgehen, sollten Anlass zum Handeln geben. Erste Anlaufstelle ist der Arzt, der durch Befragungen und Untersuchungen versuchen wird, die Ursachen zu ergründen. Er entscheidet dann über geeignete Behandlungsmethoden.

Aber auch Selbsthilfemaßnahmen können zur Linderung der Problematik beitragen:

  • Kompressionsstrümpfe mit degressivem Druckverlauf (nach oben hin lässt die Stützkraft nach) unterstützen den venösen Rückfluss des Blutes zum Herzen.
  • Jede Muskelaktivität der Beine lässt den Blutdruck ansteigen und sorgt für einen besseren Blutrückfluss (Muskelpumpe) zum Herzen.
  • Ausdauertraining in jeglicher Form, auch mit intervallförmigen Belastungen oder im Wasser sind besonders geeignet.
  • Hydrotherapie (Wechselduschen, Kneipp Kuren, etc.) beeinflussen den Muskeltonus. Zum Abschluss sollte stets ein Kältereiz gesetzt werden.
  • Langsamer Wechsel der Körperpositionen, insbesondere beim Aufstehen.
  • Kleine Mahlzeiten mit geringem Kohlenhydratanteil, wenn die Beschwerden nach dem Essen verstärkt auftreten.
  • Ausreichende Flüssigkeitsaufnahme in Verbindung mit einer erhöhten Kochsalzzufuhr bindet Wasser, erhöht damit das Blutvolumen und lässt den Blutdruck ansteigen.
  • Weitgehender Verzicht auf Alkohol, denn dieser weitet die Arterien und senkt zumindest kurzfristig den Blutdruck.
  • Anstellen des Kopfendes am Bett um ca. 15 cm oder 20 Grad. Dies reduziert die nächtliche Nierenausscheidung und Blutdruckschwankungen beim Aufstehen am Morgen.

Achten Sie auf Ihren Blutdruck und bleiben Sie gesund. Ihr Dr. Bernd Gimbel

Bernd Gimbel © privat
Dr. Bernd Gimbel ist Gründer und Gesellschafter der KörperManagement® KG. Er war als wissenschaftlicher Mitarbeiter des Bundesausschusses für Leistungssport beim Deutschen Olympischen Sportbund tätig. Derzeit lehrt er als Dozent an der Deutschen Berufsakademie Sport und Gesundheit (dba) in Baunatal. Zudem ist Dr. Gimbel Autor mehrerer Bücher über Körpermanagement.
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