Corporate Fitness: Ein Ansatz, aber auch die Lösung?

Donnerstag, 14.11.2019

Mittlerweile investieren Unternehmen in die Fitness ihrer Mitarbeiter. Aber reicht das schon aus? Dieser Frage geht Dr. Bernd Gimbel, KörperManagement® KG Bad Homburg, nach.

Foto: © aumnat, Adobe Stock

Der Wunsch nach einem beschwerdefreien Leben ohne Krankheit betrifft uns alle als Privatperson. Geht es um die Gesundheit von Mitarbeitern, dann berührt dieses Thema auch das Unternehmen. Denn nur gesunde Mitarbeitende sind leistungsfähig und stellen die Basis eines gesunden Unternehmens dar. Dies ist der Grund, warum Unternehmen in die Gesundheit ihrer Angestellten investieren.

Betriebliches Gesundheitsmanagement (die Prozesse und Strukturen im Unternehmen) und betriebliche Gesundheitsförderung (die konkreten Maßnahmen) sind die Begriffe, die damit in Verbindung stehen. Einige Unternehmen nehmen sich mit Entschlossenheit diesem Thema an. Doch bevor Gesundheit im Unternehmen thematisiert und Ziele klar formuliert werden, sowie Strukturen und Prozesse geschaffen sind, finden Gesundheitstage statt, werden Kurse über die Krankenkassen durchgeführt oder Zuschüsse für Mitgliedschaften in Fitness-Studios gewährt. Durch diese Maßnahmen gelingt es möglicherweise diejenigen, die ohnehin bereits sportlich unterwegs sind, zu begeistern. Die „Nicht-Sportler“ bleiben auf der Strecke.

Fitness-Studio als Maßnahme betrieblicher Gesundheitsförderung

Das Thema Fitness-Studio möchte ich aufgreifen. Die Qualität der Studios ist sehr unterschiedlich und für den Laien oft schwer zu beurteilen. Ohne Qualitätskontrolle seitens des Unternehmens sollten deshalb keine Kooperationen mit einem Betreiber eingegangen werden. Ein wichtiges Merkmal ist die Ausbildung und Qualifikation der Trainer. Sportwissenschaftler, Physiotherapeuten oder Fachsportlehrer bieten eine gute Basis fachlicher Kompetenz. Zumindest sollten die betreuenden Trainer eine A-Lizenz als Mindeststandard besitzen. Neben der fachlichen Seite sollten sie über eine ausreichende Erfahrung und Empathie verfügen, um die Mitarbeitenden auf der Suche nach Lösungen zur Verbesserung ihres Gesundheitszustandes abzuholen.

Vor dem Training sollte ein ausführliches Anamnese-Gespräch stattfinden, in dem Beschwerdebilder, Krankheiten (auch in der Familie), Operationen, Medikamenteneinnahme abzuklären sind. In diesem Zusammenhang sind auch Ziele zu definieren, die die Trainierenden kurz-, mittel- und langfristig erreichen möchten. Danach sollten diagnostische Untersuchungen stattfinden, um eine Stärken- und Schwächen-Analyse vorzunehmen. Außerdem ist zu klären, wieviel Zeit die Mitarbeitenden für ihr Training bereit sind zu investieren.

Eine weitere wichtige Komponente stellt das Geräteequipment dar. Die Krafttrainingsgeräte müssen funktionell auf die Körperproportionen der Kunden einstellbar sein. Die Herz-Kreislauf-Trainingsgeräte sollten mit einer Messung der Herzfrequenzen ausgestattet sein. Darüber hinaus sind Kleingeräte wichtig, um den Bewegungsapparat auch über funktionsgymnastische Übungen belasten zu können. Von Bedeutung ist ebenso, dass die Geräte alle gesundheitsrelevanten Eigenschaften wie Kraft, Ausdauer, Beweglichkeit und Koordination beim Training unterstützen können.

Bewegung ist die beste Medizin

Für den Mitarbeiter selbst ist wichtig, dass er, wenn er älter als 35 Jahre ist und längere Zeit keinen Sport getrieben hat, vor Trainingsbeginn eine ärztliche Untersuchung durchführt, um festzustellen, ob er sport-gesund ist. Das Training sollte dann mit geringen Belastungen beginnen, damit der Organismus Zeit hat, sich den Belastungen allmählich anzupassen. Erst gilt es den Umfang zu steigern und später die Intensität zu erhöhen. Bei Unsicherheit ist es ratsam zeitweise einen Experten (z.B. einen gut ausgebildeten Personal-Trainer) zu engagieren, um Überlastungen oder Verletzungsrisiken zu minimieren. Die Übungen sollten sich an der einseitigen Belastung am Arbeitsplatz orientieren und zur deren Kompensation beitragen. Bei Stressphänomenen ist es kontraproduktiv mit hohen Belastungen zu trainieren, denn auch Sport kann den Stresslevel von Menschen zusätzlich erhöhen.

Nicht ohne Grund heißt es: „Bewegung ist die beste Medizin.“

Im Nachsatz steht allerdings noch: „… wenn sie richtig betrieben wird, ganz ohne Nebenwirkungen.“

Bewegung ist nur ein Aspekt der Gesundheit

Auch wenn bei einem ausgewählten Studiobetreiber all diese Qualitätsmerkmale zutreffen und sich die Mitarbeitenden an die gennannten Ratschläge halten, stellt sich dennoch die Frage, ob es für ein Unternehmen zielführend ist, wenn einzelne Mitarbeitende das Angebot nutzen, die Vielzahl der anderen jedoch nicht daran partizipieren (wollen oder können)? Zum einen hat das Unternehmen in der Regel keine Information darüber, ob die Mitarbeitenden tatsächlich regelmäßig die Angebote nutzen oder nach einem Zeitraum zu einem passiven Mitglied werden. Zum anderen hat es auch keinerlei Einfluss auf die Angebote und kann demzufolge nicht bedarfsgerecht für seine Mitarbeitenden handeln. Ab einer bestimmten Unternehmensgröße kann deshalb eine firmeninterne Einrichtung eine passendere Lösung sein, um die Angebote dort besser an den Interessen und den Bedarfen der Mitarbeitenden zu platzieren.

Dennoch: Ob Fitness-Studio oder firmeninterne Einrichtung, beide Institutionen decken ausschließlich die Bewegungskomponente des gesundheitlichen Verhaltens ab. Wo bleiben die Themen Ernährung, Stressbewältigung, psycho-soziale Komponente der Verhaltensprävention und Verhältnisprävention? Betriebliches Gesundheitsmanagement und Gesundheitsförderung umfassen weitaus mehr als das Thema Corporate Fitness.

Bernd Gimbel © privat
Dr. Bernd Gimbel ist Gesellschafter der KörperManagement® KG. Er war als wissenschaftlicher Mitarbeiter des Bundesausschusses für Leistungssport beim Deutschen Olympischen Sportbund tätig. Derzeit lehrt er als Dozent an der Deutschen Fitnesslehrer Akademie und der Berufsakademie für Sport und Gesundheit in Baunatal. Zudem ist Dr. Gimbel Autor mehrerer Bücher über Körpermanagement.
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