Elmar Sprink auf Fahrrad.

Die Ziele fest im Blick –

Elmar Sprinks Weg zurück ins Leben

Mittwoch, 2.11.2022
© Foto: Elmar Sprink; Cape Epic in Südafrika 2017

Es kann jeden treffen. Das musste auch Elmar Sprink feststellen. Augenscheinlich fit und gesund erleidet er mit Ende 30 einen Herzstillstand und benötigt Monate später sogar ein Spenderherz. Im Interview erzählt er von seinem Weg zurück ins Leben und gibt Dir dabei vielleicht auch einen neuen Blick auf Deins.

Elmar Sprink war schon immer sportlich aktiv. Mit Anfang 30 entdeckt er den Triathlon für sich. Im Juni 2010, damals ist er 39 Jahre alt, will er an einem Ironman teilnehmen. Doch wegen Magenproblemen muss er vorzeitig aussteigen. Der Check-up beim Arzt einige Wochen zuvor hatte keine Auffälligkeiten ergeben. Gut eine Woche nach dem Event passiert es dann: Elmar erleidet Zuhause auf dem Sofa einen Herzstillstand. Durch großes Glück kommt seine Frau an dem Abend eher nach Hause und kann einen Arzt rufen. Elmar wacht im Herzzentrum Köln wieder auf. Was der Auslöser für den Herzstillstand war, ist bis heute unklar.

© Foto: Elmar Sprink; Ironman in Florida 2019

Danach geht es mit Elmars Gesundheit auf und ab. Seine Herzfunktion wird stetig schlechter. Ende 2011 kommt er in ein Herztransplantationszentrum. Eines ist zu diesem Zeitpunkt klar: wenn sich nicht zeitnah ein Spenderherz für ihn findet, wird er die Klinik nicht lebend verlassen. Nach 6 langen Monaten kommt die erlösende Nachricht: Ein Spenderherz wurde gefunden, Elmar kann operiert werden.

Heute liegt die Operation über 10 Jahre zurück und Elmar steht wieder fest im Leben. Läuft seit Jahren wieder einen Marathon nach dem anderen und ist mit seiner Geschichte ein Vorbild für viele. Wie er diese schwere Zeit überstanden hat und was ihn heute antreibt, hat er uns in einem Interview verraten:

Nachdem du dein Spenderherz bekommen hast und das Krankenhaus endlich verlassen durftest, wie lief da der Start zurück ins Leben für dich ab? Hast du eine Reha gemacht, hattest du Zuhause Unterstützung? Erzähl gerne mal ein bisschen zu deiner Wiedereingliederung.

Eine Reha hatte ich nach der Transplantation nicht. Nach den vielen Monaten im Krankenhaus wollte ich nur noch nach Hause. Das war für mich das Wichtigste. In Rehakliniken hat man ja auch wieder Ärzte, andere Personen, die auch krank sind oder krank waren. Das wollte ich alles nicht mehr.

Das Erste, was ich wieder lernen musste war sitzen, dann stehen und dann gehen. Damit habe ich aber im Krankenhaus schon angefangen. Als ich dann Entlassen wurde bin ich zunächst zu meinen Eltern gezogen und hab dort angefangen im Garten hin und herzugehen. Dann schaffte ich es schon einmal um den Block. Ich habe nach und nach versucht mit EMS-Training die Muskulatur wieder aufzubauen. Dabei werden mit elektrischer Stimulation die Muskeln zum Wachsen angeregt. Durch den Leistungssport wusste ich, wie man fit wird. Aber das erste halbe Jahr war sehr, sehr schwierig. Die ganzen Medikamente, der Blutdruck ist durchgedreht, ging hoch und runter.

Nach diesem halben Jahr bin ich dann das erste Mal wieder Joggen gegangen. Zu Beginn 3x die Woche für 500 m. Nach 3 Monaten war ich dann soweit, dass ich an einem 10 km langen Osterlauf mitlaufen konnte. Und ab dann ging es bergauf. Je mehr ich mich bewegt hab, desto besser ist es geworden. Sonst habe ich versucht mich an die „Spielregeln“ zu halten und wieder fit zu werden. Also nicht Rauchen, kein Alkohol. Ein paar Einschränkungen in der Ernährung.

Osterlauf in Paderborn, 2013
© Foto: Elmar Sprink; Osterlauf in Paderborn 2013

So ein Schicksalsschlag, kann einen ja ganz schön aus der Bahn werfen. Aber du hast dich wieder aufgerappelt, machst sogar wieder Sport und hast deinen Weg zurück ins Leben gefunden. Wie hast du das geschafft?

Bei meiner Motivation war tatsächlich der Sport ein großer Regler bzw. ein großer Pluspunkt, auf den ich mich verlassen konnte. Auch als ich noch gearbeitet habe, hatte der Triathlon-Sport schon einen großen Stellenwert in meinem Leben. Hat mir geholfen die Ziele, die ich mir gesetzt habe zu erreichen. Und das war dann auch mein Weg zurück. Ich habe also angefangen mir kleine Ziele zu setzen. Ziele, die immer ein bisschen größer waren als das, was ich aktuell konnte. So kam ich dann zu meinem 10 km Osterlauf, zum ersten Triathlon nach der Transplantation und auf einen Berg, den ich besteigen wollte. Ich hatte einen Zettel mit Dingen, die ich noch erreichen wollte und an dem ich mich entlanghangeln konnte.

Und ich habe natürlich auch gemerkt, dass mir das gut tut und ich mich immer besser fühle. Davon wollte ich mehr haben – auch das treibt mich seitdem an. Es ist nicht immer einfach seine Ziele umzusetzen und es gibt natürlich auch Rückschläge. Doch der Grund, warum ich heute immer noch Sport mache ist, dass ich wieder so gesund bin, dass ich es kann.

„Ich habe angefangen mir kleine Ziele zu setzen. Ziele, die immer ein bisschen größer waren als das, was ich aktuell konnte.“

Wie hat dieser Schicksalsschlag dein Leben positiv verändert? Hast du jetzt einen anderen Blick auf das Leben?

Es gab schon Zeiten, in denen ich mir mein „altes Leben“ zurückgewünscht habe. In denen ich mich gefragt habe, warum das ausgerechnet mir passieren musste. Ich hatte ja immer auf mich geachtet, in dem Sinne „nichts falsch“ gemacht und doch hat es mich getroffen. Diese Phasen gab es auf jeden Fall. Aber irgendwann hört man auf sich diese Fragen zu stellen, weil man merkt, dass es einen nicht weiterbringt und man die Zeit nicht wieder bekommt, die man mit unnötigem Grübeln verbringt. Diese Zeit habe ich einfach nicht. Ich habe selbst gesehen, wie schnell sich das Leben verändern kann. Ich kann mich an Rückschlägen nicht mehr so lange aufhalten.

Diesen Sommer beispielsweise hatte ich eine Lungenentzündung und musste einen Wettkampf absagen. Klar, habe ich mich darüber geärgert, aber nur für einen Moment und dann habe ich die Sache für mich abgehakt.

© Foto: Jens Vögele, WESTSIDERS; Cape Epic in Südafrika 2022

Oder auch die Tatsache, dass ich mich während dieser Lungenentzündung frei bewegen konnte. Selbst entscheiden, ob ich im Bett oder auf dem Sofa liege. Das konnte ich vor der Transplantation alles nicht. Das weiß ich jetzt sehr zu schätzen.

Ein weiterer Unterscheid zu früher ist, dass ich sehr dankbar bin, überhaupt an Wettkämpfen teilnehmen zu können. Das ist für mich keine Selbstverständlichkeit mehr. Oder, wenn ich wie vor einigen Wochen auf einen Berg klettere, dann bin ich dankbar, dass ich das alleine schaffe. Dass ich selber zu Fuß diesen Berg hoch bin und diese tolle Aussicht genießen darf.

„Ich versuche durch meine Geschichte Mut zu machen. Versuche zu zeigen, dass man es schaffen kann, wenn der Wille da ist.“

Deine Geschichte hat im Laufe der Zeit ja auch mehr Aufmerksamkeit bekommen. Du engagierst dich bei sozialen Projekten, hältst Vorträge, machst Hoffnung für ein „Leben danach“. Was ist dir wichtig, anderen von deiner Geschichte mitzugeben?

Ich versuche durch meine Geschichte Mut zu machen. Versuche zu zeigen, dass man es schaffen kann, wenn der Wille da ist. Man darf einfach nicht aufgeben. Ich hatte gerade am Anfang viele Momente, in denen ich dachte: „Ob sich das jetzt alles so gelohnt hat?!“ Gerade das erste halbe Jahr nach der Transplantation. Aber ich hatte immer diese Sachen auf dem Zettel, die ich noch bzw. wieder machen wollte. Das war so ein großer Ansporn. Mich gäbe es ohne diese Ziele vermutlich zwar auch immer noch, aber nicht so fit und gesund, wie ich es jetzt bin. Das hat schon enorm geholfen.

Ich hoffe weiter, dass ich andere Leute motivieren kann. Gerade auch Eltern von Kindern, die eine Transplantation hinter sich haben und wieder Fußball spielen wollen oder so. Ich möchte ihnen zeigen, dass das trotz so einer großen Operation wieder klappen kann. Es ist einfach schön zu wissen, dass ich mit dem, was ich mache auch etwas zurückgeben kann. Ein positiver Nebeneffekt.

Du möchtest mehr zu Elmar und seiner Geschichte erfahren? Hier geht’s zu seiner Website.

Elmar hat uns im Interview auch verraten, wie es während seiner Krankheit finanziell bei ihm aussah. Das kannst Du hier nachlesen.