Cocooning – und dann?

Dienstag, 11.08.2020
Autor: Magnus, Director Legal Canada Life
© Foto: Krysztof Niewolny, Unsplash

Der Begriff des „Cocooning" ist nicht neu. Die Soziologie nutzt ihn für den Rückzug ins Privatleben als Reaktion auf die immer komplexere, als bedrohlich empfundene Wirklichkeit. Ein Sich-Einigeln, der Versuch, durch Abkehr von der Welt da draußen einen höchstpersönlichen geschützten Raum zu schaffen.

Durch COVID-19 bekam der Begriff eine neue Nuancierung. „Cocooning“ bezeichnet im Englischen nun die weitgehende Isolation von Risikogruppen, um einer ganz konkreten Gefahr auszuweichen – der einer Corona-Infektion.

Der Kokon

Ganz allgemein waren wir alle (und sind es in gewissem Umfang immer noch) gezwungen, uns während der Krise von anderen zu entfernen. Der Druck auf die Familien, der Druck auf Alleinstehende wuchs. Ventile, die ihn sonst auf ganz natürliche Art milderten, oder gar nicht erst aufkommen ließen, fehlten den Kindern die Großeltern und die Freunde, uns der persönliche Kontakt mit Kollegen und mit Vertrauten im weiteren Familienkreis und außerhalb der Familie. Die Angst vor einer Infektion, ebenso wie die behördlichen Vorgaben, hüllten alle in eine Art Kokon, eine Schutzhülle, und isolierten uns ein ganzes Stück weit voneinander.

Das Spannendste an einem Kokon für mich ist aber nicht dieser Schutz – das Spannendste ist das, was im Innern des Kokons passiert.

Das, was da eingesponnen ist, ist im Tierreich eine Vorform des „eigentlichen“ Geschöpfs, also z.B. die Raupe auf dem Weg zum Schmetterling. Unsichtbar für alle vollzieht sie im Kokon eine völlige Transformation. Aus dem gefräßigen, manchmal auch giftigen Krabbeltier, entsteht eine oft farbenfrohe oder gar prächtige, von Blüte zu Blüte flatternde Erscheinung, die alle erfreut und mit der Raupe nicht das Geringste gemein hat.

Der Schmetterling

Cocooning, das Sich-Verpuppen, ist nie ein Dauerzustand und immer ein Übergangsstadium. Wenn der Kokon aufbricht, ist plötzlich etwas Neues da.

Nun werden wir nicht alle zu Schmetterlingen, wenn die Krise vorbei und der Alltag wieder ganz eingezogen ist. Aber es hat sich sicher bei jeder und jedem von uns Einiges verändert in der Zeit des Arbeitens von zu Hause, der permanenten Anwesenheit der Kinder, oder auch der weitgehenden Einsamkeit. Wir haben die Effizienz der videogestützten Kommunikation erfahren, die Beziehungen in den Familien haben sich geändert (und hoffentlich positiv intensiviert), wir schätzen unsere Freundschaften neu, und in jedem Unternehmen wird darüber nachgedacht, wie sich die Arbeitswelt dauerhaft ändern wird und ändern sollte.

Ich ertappe mich öfter beim Nachdenken, was die Zeit im Kokon mit mir selber gemacht hat – nur soviel, es ist mehr und anderes, als ich dachte. Mich hat die Zeit weitergebracht, auch auf dem Weg zu mir selber.

Also, lassen wir die Ideen schlüpfen und sich entfalten. Ich bin gespannt, was sich tut.