Laktatdiagnostik: Blickwinkel von unten auf einen Jogger

Laktattest: Für Dein individuelles Training

Donnerstag, 11.07.2019

Ist Laktatdiagnostik nur für den Profi oder auch für den normalen Sportler sinnvoll? Antworten gibt Dr. Bernd Gimbel, KörperManagement® KG Bad Homburg.

© Foto: Finn Gross Maurer, Unsplash

Nachdem Sie im Artikel Laktat: Das solltest Du wissen die Grundlagen der Energiebereitstellung für Ihre Muskulatur und das Laktatmolekül kennengelernt haben, können wir klären, welche Bedeutung dieses Wissen für Sie und Ihr Training hat.

Um zielgerichtet zu trainieren, sollten Sie 3 Voraussetzungen erfüllen:

  1. Sie müssen wissen, wie Ihr aktueller Trainingszustand ist, welches Ziel Sie anstreben und wieviel Zeit Sie dafür aufbringen möchten.
  2. Das Trainingsziel zu formulieren und den dafür zur Verfügung stehenden Zeitrahmen festzulegen, obliegt Ihnen.
  3. Zur Feststellung Ihres aktuellen Trainingszustandes benötigen Sie professionelle Hilfe von einem Sportmediziner oder einem Trainingswissenschaftler.

Laktatmessung: So geht's

Ein Sportmediziner, den Sie aufsuchen sollten, wenn Sie älter als 35 Jahre sind und längere Zeit keinen Sport mehr getrieben haben, wird Sie vermutlich bis zu Ihrem Maximum belasten und dabei ein EKG schreiben, um festzustellen, ob Sie sporttauglich sind. Mit Hilfe eines Stufentests auf dem Laufband oder Fahrradergometer – je nachdem in welcher Disziplin Sie aktiv sind – beginnt er, Sie mit niedriger Intensität zu belasten. Er erhöht dann in regelmäßigen Abständen von 3 bis 6 Minuten die Belastung solange, bis Sie zumindest submaximal belastet sind.  Außerdem werden die Herzfrequenz- und Blutdruckwerte als Mindeststandard gemessen und dokumentiert. Darüber hinaus können Laktat- und Atemgaswerte (Sauerstoffein- und Kohlendioxidausatmung) bestimmt werden (Spiroergometrie).

Das Ergebnis wird mit statistischen Daten zu Personen gleichen Alters und Geschlechts (Referenzwerte) verglichen. So wissen Sie anschließend, wie Ihre aktuelle Leistungsfähigkeit zu bewerten ist – unter-, durchschnittlich oder überdurchschnittlich. Zur Steuerung des zukünftigen Trainingsprozesses ist es sinnvoll, die Laktatwerte zu bestimmen, da der Stoffwechsel neben den Herz-Kreislauf-Funktionen eine wesentliche Bedeutung für Ihre Ausdauerleistung hat.

Im Ergebnis führt die leistungsdiagnostische Untersuchung zu Ihrer persönlichen Herzfrequenz- und Laktatkurve in Abhängigkeit der Leistung, die Sie in km/h laufen oder in Watt treten. Über die Berechnung Ihrer individuellen anaeroben Schwelle lassen sich dann die Trainingsbereiche festlegen (regeneratives Training, Grundlagenausdauertraining 1 und 2, sowie Schwellentraining und überschwelliges Training), mit denen Sie optimal Ihr Training steuern können, um Ihr Ziel zu erreichen (s. Abb).

Abbildung Ergebnis der Lesitungsdiagnostik
Leistungsdiagnostik – Ergebnis der individuellen anaeroben Schwelle und der Trainingsbereiche. © Gimbel, Körpermanagement, Springer Verlag 2014

Ohne Laktatmessungen ließe sich Ihr Training ansonsten nur über Herzfrequenzformeln steuern. Eine davon lautet: 65 – 85 % von Ihrer maximalen Herzfrequenz 220 Schläge pro Minute (als Frau 226 Schläge/min) minus Lebensalter. Nach dieser auf statistischen Werten basierenden Formel hätte demnach jeder 30-Jährige dieselbe Herzfrequenz von 124 (65% für langsame Einheiten) bis 162 Schläge pro Minute (85% für intensivere Einheiten) beim Ausdauertraining einzuhalten. Unberücksichtigt bleibt dabei die Disziplin, der spezielle Trainingszustand, das individuelle Puls- und Stoffwechselverhalten, eventuelle Medikamenteneinnahme (z.B. Blutdrucksenker) etc.

Laktattest: Fazit

Laktatmessungen helfen jedem von Ihnen, der ein ausdauerorientiertes Ziel verfolgt (Marathon, Halbmarathon, 10km-Lauf, Radsport-Event oder Triathlon-Wettkampf) sein Training auf der Basis seiner aktuellen Leistungsfähigkeit individuell zu gestalten. Außerdem kann jeder bei einer Folgediagnostik exakt feststellen, welche Wirkungen sein Training erzielt hat. Dies ist unabhängig davon, ob Sie die Disziplin als Wettkampfsport betreiben oder gesundheitssportlich unterwegs sind. Ansonsten besteht die Gefahr, dass die Trainingsbelastungen Sie über- oder unterfordern. Beides kostet Sie unnötige Zeit und kann bei einer Überforderung sogar gesundheitlich schädlich sein.

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen viel Erfolg beim Erreichen Ihrer Ziele.

Bernd Gimbel © privat
Dr. Bernd Gimbel ist Gesellschafter der KörperManagement® KG. Er war als wissenschaftlicher Mitarbeiter des Bundesausschusses für Leistungssport beim Deutschen Olympischen Sportbund tätig. Derzeit lehrt er als Dozent an der Deutschen Fitnesslehrer Akademie und der Berufsakademie für Sport und Gesundheit in Baunatal. Zudem ist Dr. Gimbel Autor mehrerer Bücher über Körpermanagement.
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