Laktatdiagnostik: Junger Mann im Jogging-Outfit sitzt auf einem Baumstamm im Park und hält seinen schmerzenden Oberschenkel

Laktat: Das solltest Du wissen!

Mittwoch, 12.06.2019

Eigentlich fühlst Du Dich fit, kommst dann aber doch aus der Puste oder der Muskel krampft? Was das mit Laktat zu tun hat, erklärt Dir Dr. Bernd Gimbel, KörperManagement® KG Bad Homburg.

© Foto: olegphotor, Adobe Stock

Vermutlich haben einige von Ihnen schon einmal den Begriff Laktat gehört. Wenn ja, dann wissen Sie vermutlich, dass Leistungssportler Laktatdiagnostik durchführen, wenn sie ihre aktuelle Leistungsfähigkeit feststellen und das Training zielgerichtet gestalten wollen. Die Frage, die sich stellt, ist, ob Laktatmessungen auch für Ihr gesundheitssportlich orientiertes Training sinnvoll sind oder ob sie ausschließlich dem Leistungssportler dienen?

Eine Antwort gebe ich Ihnen gerne später. Damit sie diese besser beurteilen können, sollen Sie vorab einiges Wissenswertes über Laktat erfahren.

Was ist Laktat?

Laktat ist das Salz der Milchsäure und ein Produkt des Kohlenhydratstoffwechsels. Damit Ihre Muskeln arbeiten können, benötigen sie Energie, die sie aus 2 unterschiedlich großen Speichern entnehmen können. Einem relativ kleinen Kohlenhydratspeicher von ca. 500g in der Leber und Muskulatur (Energie von ca. 2000 kcal) und einem nahezu unerschöpflich großen Fettspeicher unter der Haut (Energie von ca. 80000 kcal bei 80 kg Körpergewicht und 13 % Körperfettgehalt). Je höher Ihr Körperfettgehalt, desto größer ist Ihre Speicherkapazität an Energiereserven.

Laktatdiagnostik: Modell der Energiebereitstellung
Laktatdiagnostik: Modell der Energiebereitstellung, © Gimbel, Körpermanagement, Springer Verlag 2014

Energie ist für Ihre Muskulatur aber nicht direkt nutzbar (s. Abb.). Sie benötigt Energie ausschließlich aus energiereichen Phosphat-Verbindungen (Fachbegriff ATP, die Abkürzung für Adenosin-Tri-Phosphat; auch Kreatinphosphat spielt eine Rolle). Die Speicherkapazität dieses biologischen Akkus ist jedoch noch kleiner als die der Kohlenhydrat- und Fettreserven (Energie von ca. 5 kcal).  Nach einer Maximalbelastung von nur 10 Sekunden (z.B. beim 100m-Sprinter) ist er entleert und muss wieder aufgefüllt werden. Dafür stehen zwei unterschiedliche Stoffwechselwege zur Verfügung. Entweder können Kohlenhydrate und Fettsäuren mit Hilfe von Sauerstoff zu Kohlendioxid und Wasser abgebaut (aerobe oder oxidative Energiebereitstellung) oder es können Kohlenhydrate (keine Fette) ohne Sauerstoff verstoffwechselt werden (anaerobe oder glykolytische Energiebereitstellung). In diesem Fall entsteht als Stoffwechselzwischenprodukt das Moleküle Laktat. Stets laufen in Ihrem Organismus beide Prozesse parallel ab. Bei niedrig intensiven Belastungen überwiegt die oxidative Energiebereitstellung. Pro Molekül Traubenzucker (Glukose) werden 36 ATP-Moleküle zur Auffüllung des Phosphatspeichers gebildet. Bei der glykolytischen Energiebereitstellung entstehen nur zwei ATP-Moleküle. Das dabei produzierte Laktatmolekül ist aber noch energiereich und kann über den aeroben Stoffwechselweg weitere ATP-Moleküle liefern.

Laktatdiagnostik: Das sagt der Laktatwert

Laktatdiagnostik: Abbildung Herzfrequenz- & Laktatkurve, © © Gimbel, Körpermanagement, Springer Verlag 2014
Laktatdiagnostik: Abbildung Herzfrequenz- & Laktatkurve, © Gimbel, Körpermanagement, Springer Verlag 2014

In Ruheposition (beim Liegen, Sitzen, Stehen) überwiegt Ihr aerober Stoffwechselweg. Die Laktatkonzentration im Blut ist niedrig. Sie liegt bei ca. 1 mmol/l Blut. Der Energieverbrauch ist gering, weil nur wenige Muskeln aktiv sind. Fangen Sie nun an zu gehen, zügig zu walken oder langsam zu laufen, dann steigt Ihr Energie- und Sauerstoffbedarf, weil die Muskulatur mehr Arbeit verrichten muss. Ihre Herzfrequenz steigt (siehe Abb.).

Ihr Trainingszustand entscheidet darüber, wie lange Sie bei weiterer Intensitätssteigerung in der Lage sind, die Energie aus Ihren Kohlenhydraten und Fettsäuren noch mit Hilfe von Sauerstoff zu decken.

Solange dies der Fall ist, bleibt der Laktatwert auf niedrigem Niveau bis ca. 2 mmol/l relativ konstant. Ab einer bestimmten Intensität können Sie den Energiebedarf nicht mehr aerob decken, so dass der Stoffwechsel nun anaerob unterstützt werden muss. Ab diesem Zeitpunkt steigt der Laktatwert auf 2 – 4 mmol/l an (aerob-anaerober Übergangsbereich). Steigern Sie die Belastungsintensität weiter, dann überschreitet der Laktatwert die sogenannte anaerobe Schwelle (Ihre Dauerleistungsgrenze) von ca. 4 mmol/l. Bei weiterem Anstieg der Belastung übersäuert Ihre Muskulatur (Laktat= Salz der Milchsäure). Nun ist es eine Frage der Zeit, wann Sie die Belastung abbrechen müssen. Vielleicht erreichen Sie 10 mmol/ l, vielleicht auch mehr. Der 400m-Läufer ist in der Lage mehr als 20 mmol/l im Ziel zu produzieren. Das Laktatsystem ist somit auch ein Schutzmechanismus für Ihren Herzmuskel. Bevor er ermüdet, schaltet die Skelettmuskulatur ab.

Im nächsten Artikel von Dr. Gimbel erfährst Du, ob Laktatdiagnostik auch für Dich sinnvoll ist.

Bernd Gimbel © privat
Dr. Bernd Gimbel ist Gesellschafter der KörperManagement® KG. Er war als wissenschaftlicher Mitarbeiter des Bundesausschusses für Leistungssport beim Deutschen Olympischen Sportbund tätig. Derzeit lehrt er als Dozent an der Deutschen Fitnesslehrer Akademie und der Berufsakademie für Sport und Gesundheit in Baunatal. Zudem ist Dr. Gimbel Autor mehrerer Bücher über Körpermanagement.
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