Laufen ist gesünder Teil 1: Nahaufnahme auf die Schuhe einer Frau auf dem Laufband.

Laufen ist gesünder –

Teil 1: Welche Vorteile Ausdauertraining für Dich hat

Mittwoch, 16.11.2022
© Foto: Day Of Victory Stu., Adobe Stock

Radfahren und Schwimmen sind gesund - Laufen ist gesünder. Das zumindest sagt Dr. Bernd Gimbel, KörperManagement® KG Bad Homburg. Im ersten Teil dieser Reihe erklärt er Dir, warum Ausdauertraining so gut für Dich ist.

Die Älteren unter den Leserinnen und Lesern kennen eventuell noch den tschechischen Langstreckenläufer Emil Zatopek (1922 – 2000), der bei Olympischen Spielen, Welt- und Europameisterschaften viele Medaillen gewann. Ein markanter Satz von ihm lautet bis heute „Vogel fliegt, Fisch schwimmt, Mensch läuft.“ Hat er Recht? Fliegen können wir nicht, das steht fest. Aber neben dem Laufen sind wir auch fähig zu schwimmen oder Rad zu fahren, wenn wir an die drei klassischen Triathlon Disziplinen denken.

So stellt sich die Frage, was ist die „beste“ Ausdauerdisziplin für uns Menschen in einer Gesellschaft, deren zunehmende Digitalisierung und Technologisierung, massiv unser Bewegungsverhalten beeinflusst?

Ausdauertraining ist generell gesund

Tatsache ist, weil durch viele wissenschaftliche Studien belegt, dass sich die meisten von uns zu wenig bewegen und Training, nicht ausschließlich das Ausdauertraining, einen wichtigen Beitrag zur körperlichen und geistigen Fitness leisten kann. Die Beantwortung der Frage nach der „besten“ Disziplin, die am meisten Nutzen für unsere Gesundheit bringt, ist nicht einfach nach dem Zatopek`schen Prinzip „Mensch läuft“ zu beantworten.

Sportler schnürt rote Sportschuhe vor dem Training zu
©Foto: LIGHTFIELD STUDIOS, Adobe Stock

Ausnahmslos alle Ausdauersportarten führen zu Anpassungsprozessen in unserem Körper, die unsere Leistungsfähigkeit und Gesundheit positiv beeinflussen, wenn wir sie konsequent in unser Leben integrieren und richtig durchführen. Aber jeder Mensch hat andere Ziele, unterschiedliche Vorlieben oder bereits bestehende Vorerkrankungen.

Ich persönlich betreibe seit vielen Jahren Ausdauertraining. Früher bin ich viel gelaufen, habe 1993 sogar beim New York City Marathon gefinisht. Es war ein prägendes Erlebnis in meinem Leben, das ich nicht missen, aber auch nicht wiederholen möchte, weil das Trainingspensum für solche Strecken sehr zeitintensiv ist. Heute fahre ich lieber Fahrrad, im Jahr zwischen 3.000 bis 4.000 km. Mit Schwimmen konnte ich noch nie viel anfangen. Wasser ist für mich ausschließlich zum Trinken und Duschen von Bedeutung. Andere von Ihnen werden dazu unterschiedliche Meinungen vertreten.

Die Benefits des Ausdauertrainings

Primär ist deshalb nicht die Frage nach der „gesündesten“ Disziplin. Von vorrangiger Bedeutung ist eher, dass wir überhaupt eine Ausdauerdisziplin betreiben, denn sie alle haben einen großen Nutzen für unsere Gesundheit. Schwimmen, Radfahren und Laufen, aber auch Inline-Skaten oder Rudern belasten große Muskelgruppen. Diese müssen ausreichend mit Sauerstoff und energiereichen Substanzen versorgt werden, um arbeitsfähig zu bleiben. Daran sind hauptsächlich das Atmungs-, das Herz-Kreislaufsystem und der Stoffwechsel beteiligt. Das Atmungssystem liefert Sauerstoff über die Lunge ins Blut.

Das Herz-Kreislaufsystem versorgt die arbeitenden Muskelzellen über das Blut mit Sauerstoff und mit den über die Nahrung aufgenommenen Energieträgern Kohlenhydrate und Fettsäuren. In den Muskelzellen werden daraus energiereiche Phosphatverbindungen hergestellt (ATP), die den dauerhaften Wechsel zwischen Kontraktion und Entspannung der Muskeln ermöglichen, um die Dauerleistungen zu bewältigen. Da dieser Funktionsmechanismus bei allen Ausdauerdisziplinen gleich ist, ergeben sich unabhängig der Disziplin vergleichbare Anpassungsprozesse in unserem gesamten Organismus.

Anpassungsreaktionen sorgen für mehr Leistungsfähigkeit im gesamten Organismus

Ein gezieltes Training verbessert die Sauerstoffversorgung unseres Körpers. Die Atmung wird ökonomisiert. Wir atmen tiefer und steigern damit die Luftmenge (das Atemvolumen), die wir bei einem Atemzug ventilieren. Zudem weitet sich das Netz der Lungenkapillaren aus. Die Kontaktfläche für den Austausch zwischen den Atemgasen Sauerstoff und Kohlendioxid wird größer.

Auch der Herzmuskel ökonomisiert seine Arbeit. Durch das rhythmische Zusammenziehen und Entspannen (Systole und Diastole) verbessert sich seine Durchblutung bei gleichzeitiger Senkung des Sauerstoffbedarfs. Die Herzfrequenz (der Puls) sinkt in Ruhe und bei vergleichbaren Belastungen, wenn sich u.a. die Herzkammern vergrößern und deshalb bei einem Herzschlag mehr Blut aus der linken Herzkammer in die Hauptschlagader (Aorta) gepumpt und im Körper verteilt werden kann.

Die stärkere Durchblutung führt zu einer besseren Kapillarisierung der Muskulatur. Damit wird die Kontaktfläche zum Austausch von Sauerstoff und Nährstoffen zwischen dem Blutgefäßsystem und dem Inneren der Muskelzellen erhöht. Die Mitochondrien, Zellorganelle, die für die Energiegewinnung der Zellen aus Kohlenhydraten und Fetten mit Hilfe von Sauerstoff verantwortlich sind, vermehren sich, wachsen und werden mit

Junge Frau checkt ihren Puls mit Fitess-Tracker nach dem Training
© Foto: Artem Varnitsin, Adobe Stock

mehr Enzymen des Energiestoffwechsels ausgestattet. Die Muskulatur ist dadurch in der Lage mehr Energie zu gewinnen und wird leistungsfähiger. Zudem kann der höhere Kalorienverbrauch während des Trainings und danach (Nachbrenneffekt) zur Gewichtsreduktion genutzt werden, wenn gleichzeitig an der „Ernährungsschraube“ gedreht wird.

Auch das Hormonsystem profitiert vom Ausdauertraining. Während Untrainierte eher ihre begrenzt zur Verfügung stehenden Kohlenhydratspeicher (ca. 600 g) zur Energiebereitstellung heranziehen, greifen Trainierte vermehrt auf die nahezu unbegrenzten Fettdepots zurück. Es steigt die Sensibilität für das Blutzucker senkende Hormon Insulin, so dass der Blutzuckerspiegel besser reguliert wird. Die Glukosemoleküle gelangen schneller zur Speicherung oder Verstoffwechselung in die Zellen. Außerdem sorgt ein Training mit moderater Intensität dafür, dass die Stresshormone sinken und dadurch die Belastung einen Beitrag zur aktiven Erholung leistet.

Einen weiteren positiven Effekt hat das Training von Ausdauerdisziplinen auf das Immunsystem. Antikörper werden verstärkt gebildet. Dadurch steigt die Resistenz gegenüber Erkrankungen und Infektionen. Es hat zudem eine präventive Wirkung auf verschiedene Tumorerkrankungen, sowie eine geringere Anfälligkeit für psychische Erkrankungen.

Fazit

Durch das Training der motorischen Eigenschaft Ausdauer erzielen wir eine Vielzahl von nicht ausschließlich körperlichen, sondern auch psychischen Anpassungsvorgängen, die alle gesundheitsrelevant sind. Jeder, der eigene Erfahrungen mit Ausdauertraining hat, wird mir bestätigen, dass durch die Ausschüttung von Glückshormonen das Wohlbefinden steigt und sowohl die körperliche Resistenz als auch die psychische Resilienz zunehmen. Eine bessere Konzentrationsfähigkeit wirkt sich positiv auf die geistige Leistungsfähigkeit aus. Ein steigendes Körpergefühl und -bewusstsein, aber auch eine gesteigerte Köperwahrnehmung und ein jüngeres Erscheinungsbild stärken das Selbstbewusstsein und können so zur Persönlichkeitsentwicklung beitragen.

Wie Sie die richtige Ausdauerdisziplin für sich finden? Im nächsten Teil dieser Reihe gebe ich Ihnen dafür einige Entscheidungshilfen mit auf den Weg.

Bernd Gimbel © privat
Dr. Bernd Gimbel ist Gesellschafter der KörperManagement® KG. Er war als wissenschaftlicher Mitarbeiter des Bundesausschusses für Leistungssport beim Deutschen Olympischen Sportbund tätig. Derzeit lehrt er als Dozent an der Deutschen Fitnesslehrer Akademie und der Berufsakademie für Sport und Gesundheit in Baunatal. Zudem ist Dr. Gimbel Autor mehrerer Bücher über Körpermanagement.
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